Der Generationenkonflikt als Nebelgranate
In der Politik begegnet man irrsinnig vielen Menschen. Insbesondere während der Gründungs- und Aufbauphase der Fridays for Future Bewegung durfte ich viele spannende Begegnungen machen. Ein solches Kennenlernen hatte sehr nachhaltigen Einfluss auf mich und mein Denken. Ich hatte bei einer unserer ersten Großdemonstrationen gerade eine Rede gehalten und unterstrichen, wie wichtig der Kampf um eine lebenswerte Zukunft für die junge Generation ist, da kam jemand auf mich zu. Es war Hildegard Breiner, Vorkämpferin der Umweltbewegung der 70er Jahre und bis zum heutigen Tag unermüdlich im Einsatz für Naturschutzthemen. Sie sagte zu mir, dass es stimme, dass der Kampf um eine lebenswerte Zukunft (den sie seit 40 Jahren führt) so wichtig ist, und mit ihrer enthusiastischen Art erklärte sie mir, wie sehr es sie freut, dass jetzt so viele Junge auf der Straße stehen und sich mutig in der Politik einmischen. Es sei schließlich unsere Zukunft, die auf dem Spiel steht.
Diese Begegnung steht in einem starken Kontrast zu den anderen Erfahrungen, die man als junger Mensch in der Politik macht. Es sind in so vielen Situationen gut betagte, alteingesessene, konservative Kräfte, die den Kampf der jungen Generation um eine lebenswerte Zukunft ausbremsen. Auch die Medien titulieren regelmäßig den „Generationenkonflikt“, und wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, die Widersprüche unserer Zeit hängen sich an der Frage „Alt oder Jung?“ auf. Gerade die Begegnung mit Hildegard hat mir gezeigt, dass man es sich damit viel zu leicht macht. Denn ja, es ist so, dass der Kampf um eine lebenswerte Zukunft vorrangig ein Kampf der Jungen ist. Und ja, es sind die jungen und kommenden Generationen, die sich in der Zukunft, die wir heute gestalten, zurechtfinden müssen. Aber nein, die politische Trennlinie zwischen den Generationen zu ziehen ist keine ehrliche Problemanalyse, sondern eine Ablenkung, um sich mit den politischen Versäumnissen der letzten Jahrzehnte nicht auseinandersetzen zu müssen. Denn es ist die ältere Generation, gegen die wir jetzt vermeintlich protestieren sollen, die 1984 schon die Hainburger Au besetzt hat, die schon 2008 „Pellets statt Putin“ plakatiert hat und die seit 40 (!) Jahren für die Wende weg von den Fossilen hin zu den Erneuerbaren kämpft.
Die Wahrheit ist, dass es kein Generationenkonflikt ist, der uns aufhält, sondern eine eingesessene politische Kultur, der das Hinterzimmer näher zu sein scheint als die Einbindung vieler und die fossile Vergangenheit näher als die klimaneutrale Zukunft. Es ist nicht der Generationenkonflikt, sondern es ist die politische Kultur, die sich ändern muss. Und ja, dafür braucht es mehr junge Leute in der Politik, aber dafür braucht es auch die alten. Gemeinsam!
Autor: Aaron Wölfling ist Stadtrat in Dornbirn und Bundesgeschäftsführer der Grünen Jugend.