24.10.2023
Tirol
Kulturgeschichtliche Wanderung
Reintaler See mit Höfemuseum
Am Samstag, den 30. September 2023 lud die Grüne Generation Plus (GGPlus Tirol) zu einer natur- und kulturgeschichtlichen Wanderung zu den Reintaler Seen mit Besuch im Museum Tiroler Bauernhöfe ein. Dort gab es eine inhaltlich umfassende Führung von Dr. Thomas Bertagnolli, dem Leiter des Museums.
Rund um den See
Die abwechslungsreiche Landschaft rund um die Reintaler Seen ist eine großartige Naherholungsregion, wo in ständigem Wechsel Naturlandschaften mit Biotopen auf Kulturwälder und landwirtschaftlich genutzte Wiesen treffen. Friedl und Josef, die beiden heimische Informanten, wussten viel über Besonderheiten und den See zu erzählen. Der Wanderung folgte die gemütliche Einkehr. Am Nachmittag stand der Besuch des Freilichtmuseum Tiroler Bauernhöfe an. Hier finden sich alte Höfe. Diese wurden in den jeweiligen Tälern Tirols abgetragen und in Kramsach auf einer idyllischen Waldlichtung wieder aufgebaut.
Eindrücke aus der Führung von Olivia Georgiades
Unser erster Besuch galt dem Hacklerhof (1675) aus Alpbach. Die Dachschindeln sind aus Lerchenholz, da dieses sehr widerstandsfähig ist. Da Metall teuer war, wurden damals keine Eisen- sondern vorwiegend Holznägel verwendet. Große Steine beschwerten das Dach. Die Stube im Hacklerhof – Stuben wurden immer gegen Süden/Südwesten ausgerichtet – ist sehr groß. 15 Personen, die Bauersleut, Mägde und Knechte, finden rund um den Tisch Platz.
Blitzlichter in den bäuerlichen Alltag
In Tirol wurde früher Tabak angebaut. Auf alten Fotos sieht man immer wieder rauchende Kinder. Die Erklärung ist einfach: Rauchen unterdrückt den Hunger. Ein Paar Arbeitsschuhe aus Berg-Ahorn, der Nässe abweist, stand den Erwachsenen pro Jahr zu. Werkzeuge wurden aus Esche hergestellt. Schule war auf 6 Wochen im Jahr reduziert. Erst Maria Theresia führte die allgemeine Unterrichtspflicht ein. Wenn ein Bauer ein Feld kaufte, musste er einen Tag lang am Grundstück sitzen. Dann erkannte man es als sein Eigentum an. Er hatte es ersessen. Aus dem arabischen Raum stammte die Technik des Destillierens. Schnaps und Bier wurden bereits damals hergestellt. Um die Stube mit genügend Sonnenlicht zu beleuchten, wurden die kleinen Fensteröffnungen auf den optimalen Lichteinfall ausgerichtet. Neben der maussicheren Getreidekammer war der Stall. Bereits um 4 Uhr Früh wurde 2 Stunden lang gemolken.
Am Hörlhof
Als zweiten Hof besichtigten wir den Hörlhof (1577) aus Walchsee. Die Bienenwabengläser der Fenster und die rötliche Bemalung lassen größeren Reichtum erkennen. Über der offenen Feuerstelle, die in Holz eingefasst ist, hängt der Funkenhut, der wiederum aus alten Sensenblättern gefertigt wurde. Die aufsteigenden Funken wurden dadurch von der Holzdecke ferngehalten. Falls es doch zu einem Brand kam, „brannte der Huat“: Der Käsekessel ist schwenkbar. Hühner legen ja bekanntlich nur bei Wärme Eier, also war der Hühnerstall hinter dem Herd. Der Lehmboden in der Küche konnte immer wieder glatt gerieben werden und auch Flüssigkeit versickerte.
Der Rundgang an Schafen, der Mühle, Wiesen, unterschiedlichen Zäunen und weiteren Höfen war sehr kurzweilig und ist bei jedem Wetter eine vertiefende Erfahrung und eine echte Empfehlung – auch für Kinder, die hier ein eigenes Kinderprogramm finden. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an unseren Führer Dr. Thomas Pertagnolli für den umfassenden Blick in die Vergangenheit des ländlichen Alltagslebens. So darf ich zum Abschluss noch Thomas zitieren: „Früher war früher, aber sicher nicht besser!“
Fotos: Olivia Georgiades und Christine Schenk