NOCH und SCHON. Schließende und öffnende Wörtchen.
Seit Jahren kratzt das Adverb NOCH, wenn es in alltäglichen Gesprächen anklingt, an meinem inneren Melder hinsichtlich möglicher Altersdiskriminierung.
Also begann ich darüber nachzudenken, woher das kommt, was daran mich dermaßen stört. Dabei ist mir ein Mitspieler des NOCH zugefallen, das SCHON. Diese beiden kleinen Wörter reihen en passant, nahezu unauffällig, Menschen einer Altersgruppe zu.
„Was, du bist schon so groß!“ oder auch: „Das kannst du schon!“ sind Aussagen, die sich oft auf Kinder und ihre Lern- und Entwicklungsprozesse beziehen. Kinder sagen auch mit berechtigtem Stolz: „Das kann ich schon“ oder auch: „Das kann ich schon allein“. Das Wort SCHON öffnet Möglichkeiten und erfreuliche Perspektiven, denn wenn jetzt schon etwas gelingt, wieviel größer wird Können und Dazulernen sich zukünftig entwickeln.
NOCH verdeutlicht häufig die Begrenzung. Als ich kürzlich ein steiles Wegstück hinaufkeuchte, wurde mir, sicherlich in motivierender Absicht, gesagt: „Bewundernswert, dass du da noch mitgehst.“ (Gut gemeint ist halt leider nicht immer gut.) In diesem NOCH klingt ein Ende mit. Demnächst werde ich es nicht mehr können. Auch in auf sich selbst bezogenem Sprachgebrauch höre ich des Öfteren ein NOCH, dass sich wie ein Fingerzeig auf ein baldiges „nicht mehr möglich“ anhört: Solange es noch geht, solange ich es noch kann, sind Sätze, die ein Ende festschreiben.
NOCH macht glauben, Altern sei ein einziger Abbau. Tatsächlich wissen wir aber, dass im Alter Entwicklung passiert, seelisch, geistig und mit einigem Ehrgeiz und Beharrlichkeit auch körperlich. Altern bedeutet gleichzeitig Erweiterung und Einschränkung, wie auch bei Kindern, nur in anderen Ausprägungen. Vielleicht könnte SCHON häufiger auftauchen und NOCH in andere Sprachzusammenhänge verdrängt werden.