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29.10.2021 Burgenland

Was klein ist, ist her­zig

Weinreben

Was klein ist, ist herzig- oder: Müssen wirklich 50 „Chalets“ in einem Obst- bzw. Weingarten stehen?

„Wos kla is, is heazig“, pflegte meine Mutter zu sagen. Mich meinte sie damit bestimmt nicht, ich war immer schon zu groß für mein Alter. Heutzutage heißt das wohl eher “small is beautiful“. Dieser Spruch fiel mir ein, als ich in einem Zeitungsartikel las, dass in einem Obstgarten im Südburgenland und einem Weingarten weiter nördlich je 50 Chalets gebaut werden sollen, wobei beide Projekte bereits genehmigt sind. Den Ausdruck „Chalet“ kannte ich übrigens bisher nur im Zusammenhang mit Nobelorten in der Schweiz.

Der Arzt Paracelsus sagte: „Die Dosis macht das Gift“, allerdings auf lateinisch. Er sprach zwar von Stoffen wie zum Beispiel dem ganz normalen Kochsalz und nicht von Hütterln im Grünen, aber ich sehe das im übertragenen Sinne auch so: 5 Chalets, eine nette Abwechslung, 50 Chalets, ein Frevel an der Natur.

 

Warum kein erträgliches Mittelmaß, das der Umwelt auch noch eine Chance gibt?

 

Jede Gemeinde sieht bei so einem Projektantrag nur ihren eigenen Vorteil: Gemeindesteuern, Arbeitsplätze…. Man hat dabei sicher auch den Großteil der GemeindebürgerInnern hinter sich, denn im Burgenland scheint die Ansicht vorzuherrschen, dass es immer noch zu viel Grün gibt. Über derartige Umwidmungen sollte meiner Meinung nach nicht die Gemeinde selbst – oder zumindest nicht allein – entscheiden dürfen. Eine unabhängig von außen beurteilende Instanz (vielleicht die Umweltanwaltschaft Burgenland, oder eine Naturschutzorganisation) wäre da sicherlich objektiver.

 

Es gibt in den Alpen Präzedenzfälle, die einen das Fürchten lehren können. Aber auch im Burgenland gibt es schon touristisch genutzte Häuschen und Hütten. Als ehemalige Heiligenkreuzerin kenne ich schon seit je mehrere kleine Kellerstöckl mit Strohdach, die im Garten hinter dem Gasthaus Gerlinde Gibiser stehen, als Hotelzimmer genutzt werden und bestimmt niemanden stören. Die touristische Nutzung des historischen Heiligenbrunner Kellerviertels umfasst zwar viele Objekte, aber die sind eben schon lange da; sie sind sogar ein schützenswertes Kulturerbe und wurden nur im Inneren dem neuen Verwendungszweck angepasst. Ein weiteres Beispiel sind die vielen neuen Häuser am Königsdorfer Badesee. Na, herzig sind die nicht! Aber sie haben ein Gutes: sie stehen auf einem ehemaligen Schotterwerk (ich habe noch den Arbeitslärm von damals im Ohr) und bedeuten daher sicher keinen Naturfrevel.

 

Meine Schlussfolgerung aus diesen Überlegungen: Was zu viel ist, ist zu viel (auf Neusprech “enough is enough“), und das ist gar nicht herzig, sondern schlecht für uns alle. Verhüttelung und Bodenversiegelung sollten daher jetzt – oder zumindest in Zukunft – auf alle Fälle verhindert werden.

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